Serie: Die Vogel-Strauß-Taktik – Teil 1: Gleichgültigkeit gegenüber Fundamentalfaktoren

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Bei der Vogel-Strauß-Taktik handelt es sich um eine Vorgehensweise, Dinge zu ignorieren. Eine drohende Gefahr nicht sehen wollen. Die Augen vor unangenehmen Realitäten verschließen. Bestimmte Tatsachen einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. An den Finanzmärkten hat wieder einmal der irrationale Überschwang Einzug gehalten. Die Zentralbanken haben eine gigantische Everything-Babble erschaffen. Dennoch vertrauen weltweit ein Großteil der Investoren weiterhin den Märkten. Betrachten wir die Tatsachen nüchtern, stellen wir fest, dass wir blauäugig auf einen Crash zusteuern. Um den Finanzmärkten jedoch weiterhin guten Gewissens heute noch vertrauen zu können, müssen wir an die folgenden, unmöglichen Dinge glauben.

Teil 1 Gleichgültigkeit gegenüber Fundamentalfaktoren
Diesmal ist es wirklich anders. Unternehmen machen entweder einen Gewinn oder nicht. Sie sind entweder gute Investments oder nicht. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Suchen wir uns Aktien von Unternehmen die eine Marktkapitalisierung von mehr als 2 Mrd. USD und ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von mehr als 50 haben. Bei diesen Unternehmen muss der Anleger 50 Jahre warten, bevor er für jeden investierten Dollar einen Dollar Gewinn verbuchen kann. Der weltweit führende Online-Versandhändler Amazon weist aktuell ein KGV von 185 auf. Die Aktionäre von Amazon sind hier also bereit, 185 Jahre zu warten, bis das Unternehmen bei den aktuellen Kursen einen Gewinn je Aktie in Höhe der ursprünglich investierten Summe erwirtschaftet hat. Und damit ist Amazon kein Einzelfall. Das ist Wahnsinn. Nicht einmal auf dem Höhepunkt der Dotcom-Blase wiesen so viele Unternehmen in praktisch allen Sektoren derart extreme Werte auf.

Nichts kann die Partystimmung trüben. Das ist typisch für derartige Übertreibungsphasen. Alles ist perfekt bewertet und jeder Sektor hat seine eigene Geschichte, mit der er die Euphorie rechtfertigen kann. Noch ein Beispiel, um zu zeigen, dass es nicht nur bei Aktien zu Übertreibungen gekommen ist. Wir wollen uns nicht zu sehr in die Details der Anleihemärkte vertiefen, aber die Tatsache, dass die 2-jährige griechische Staatsanleihe heute eine niedrigere Rendite aufweist als 2-jährige US-Treasuries, zeigt uns, dass die Kurse hier ähnlich stark verzerrt sind.

Um den Bewertungsniveaus der Finanzmärkte derzeit Vertrauen entgegenzubringen, muss man an eine strahlende Zukunft glauben. Diese muss von so explosivem Wachstum geprägt sein, dass sie damit jeden anderen wirtschaftlichen Aufschwung der neueren Geschichte in den Schatten stellt. Man muss überzeugt sein, dass es dieses Mal ganz anders ist.

Goldige Grüße
Ronny Wagner

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